tisoware.EDITIONEN
Was hat tisoware mit Kunst zu tun?
Vordergründig zuerst einmal gar nichts. Auf der anderen Seite symbolisiert aber gerade unsere Beschäftigung mit dem Schöngeist unseren Anspruch, auch außerhalb des rein Geschäftlichen Akzente zu setzen. So gibt tisoware seit 1998 jährlich zu Weihnachten eine eigene tisoware.EDITION heraus, um so einerseits Künstlerinnen durch Ankäufe zu unterstützen, andrerseits aber auch unseren Kunden einen künstlerischen Mehrwert zu bieten. Kulturelles Engagement ist uns wichtig. Wir profitieren von den gezielt ausgewählten und gehängten Bildern in unserem Firmengebäude samt Niederlassungen. Die sorgsam ausgesuchten Editions-Künstlerinnen freuen sich im Gegenzug über Denkanstöße in der Beschäftigung mit dem weiten Themenbereich "Zeit" und unsere Kunden sind – hoffentlich – jedes Jahr aufs Neue gespannt, wie die tisoware.EDITION dieses Mal ausfallen wird. tisoware und Kunst – eine ganz zwangsläufige Verbindung, die einfach gut tut. Und übrigens: die tisoware.EDITION wird natürlich fortgesetzt – lassen Sie sich überraschen.
Stephanie Binding „Dreh-Zeit“, 2022
Mit der diesjährigen Edition betreten wir Neuland: wir präsentieren Ihnen erstmals eine Radierung. Eine Radierung ist ein Tiefdruckverfahren mit enormem Potenzial. Die Urheberin unseres aparten Kunstwerks ist die 1978 in Aachen geborene und seit 2020 in Reutlingen lebende Künstlerin Stephanie Binding. Binding absolvierte von 2000 bis 2007 ein Bildhauer-Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Bremen, bevor sie 2008 Meisterschülerin von Prof. Altenstein wurde. Seit dieser Zeit ist sie auch erfolgreich als Dozentin tätig: für die Marburger Sommerakademie, die Europäische Kunstakademie Trier und ganz aktuell ebenfalls für das Zeicheninstitut der Universität Tübingen. Stephanie Binding zeigt seit 2006 in zahlreichen Einzel- sowie Gruppenausstellungen in ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland ihre Kunstwerke; auch im Öffentlichen Raum ist sie mit ihren Arbeiten vertreten. Die Künstlerin schult unser dreidimensionales Sehen, sie geht immer von einem zeichnerischen Impuls aus und erfasst Gesehenes skizzenhaft, bevor sie das, was sie visuell reizt, künstlerisch umsetzt – im Falle einer Radierung auf eine Zinkplatte einritzt. Binding erarbeitet sich mit Ihrer Kunst die Frage: Wie funktioniert Sehen? Ihr vorherrschendes Thema sind Menschen oder Landschaften, die sie in eine intuitive künstlerische Stenographie überträgt. Sie ist in ihrem Oeuvre der Figuration treu geblieben, wobei sie souverän den Bogen vom Gegenständlichen zur Abstraktion und wieder zurück schlägt. In ihren Radierungen zeigt sie die meisterliche Beherrschung der Technik und das bewusste Nutzen aller handwerklichen Möglichkeiten. Ihr Credo: „Ich liebe es, zu schauen.“ Kunst ist die Sprache Stephanie Bindings, die Sprache, die sie beherrscht. Die dazugehörenden Vokabeln sind Linie, Fläche, Raum und Volumen. Ihre Werke entschleunigen, ragen in den Raum und entfalten dort ihre kraftvolle Wirkung. Das Ergebnis halten Sie in Händen: In diesem Jahr 2022, in dem wir uns von so vielen vermeintlichen Gewissheiten verabschieden mussten, steht die Welt Kopf – sie dreht sich wie unsere Edition. Wir geraten – wie beim Purzelbaumschlagen – in einen Strudel und haben doch die Hoffnung, „richtig“ zu landen und wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen.
Barbara Krämer, M.A.
Gerda von Siebenthal, "Zeitenfluss", 2021
Die 1943 in Nordböhmen (heutiges Tschechien) geborene Gerda von Siebenthal, die seit Mitte der 1950er Jahre in Reutlingen lebt, begann bereits im Alter von 20 Jahren, sich kreativ auszuprobieren. Karikaturen und hier speziell das Motiv „Clown“ waren ihr erstes, sehr erfolgreiches Betätigungsfeld. Das Zeichnen trat dann allerdings etwas in den Hintergrund, als sie ihre erste Kamera geschenkt bekam und ihre große Liebe zur Fotografie entdeckte. Bis heute setzt sie sich intensiv mit dieser Technik auseinander, was auch verschiedene Ausstellungsbeteiligungen zeigen. Neben der Fotografie kamen im Laufe der Zeit auch noch das Töpfern und die Bildhauerei sowie die Aquarell- und Acrylmalerei zum breitgefächerten von Siebenthal’schen Kunstprogramm dazu. Gerda von Siebenthal eignet sich mit großer Lust und Neugierde immer wieder neue künstlerische Aussagemöglichkeiten an. Unsere diesjährige Edition ist ein Werk aus dem Jahr 2021, das den Titel „Zeitenfluss“ trägt und das in seiner aufgewühlten Farbigkeit an eine Insellandschaft mit einem Lavastrom erinnert. Der Fluss der Zeiten fließt fortwährend in aller Unendlichkeit, ohne dass wir Menschen ihn aufhalten oder gar beeinflussen könnten. Manchmal bewegt er sich in etwas drögem Grau, manchmal aber auch eruptiv in lebendigem Rot, geerdet in zarten Ockertönen. Der Künstlerin gelingt so die Anmutung einer Landschaft in einem abstrakten Farbraum mit einer zeitlichen Dimension.
Barbara Krämer, M.A.
Susanne Dohm-Sauter, "Halbwertszeit", 2020

Schaut man im Lexikon nach liest man dort, dass die Halbwert(s)zeit die Zeitspanne ist, nach der eine mit der Zeit abnehmende Größe die Hälfte des anfänglichen Werts erreicht. Schaut man dagegen gleich das Werk der 1962 in Reutlingen geborenen Künstlerin Susanne Dohm-Sauter an, sieht man Kunst. Die Designerin, die seit 2004 als Freie Künstlerin arbeitet, nimmt mit ihrer 2020 entstandenen Arbeit "Halbwertszeit" (Plastikfolie, Faden, Wachs, Acryl auf Leinwand) Stellung zu der zunehmenden Umweltbelastung durch die verschwenderische und in großen Teilen unnötige Verwendung von Kunststoff beziehungsweise Plastik. So kommen wir in Deutschland beispielsweise auf eine jährliche Bilanz von 228 kg Verpackungsmüll pro Kopf. Dieses Material hat eindeutig ein negatives Image und gerade deshalb reizt es Dohm-Sauter – als eine Art Wiedergutmachung -, aus Unschönem Schönes zu schaffen. Die Künstlerin schwingt dabei nicht die Moralkeule, aber sie möchte unser kritisches Denken anregen: unsere Wegwerfmentalität und die übergroße Menge an nicht verrottbaren Plastikprodukten sind ein dauerhaftes Erbe an unsere Nachfahren, mit dem diese sich auseinandersetzen müssen. Susanne Dohm-Sauter schafft es, aus einem Alltags-Material das Besondere zu machen und dies auch noch farblich überaus apart in hellen Blau-Grün-Tönen, akzentuiert von einem kräftigen Rot. Erinnerungen an Meer und Strand werden geweckt, nicht die schlechtesten Assoziationen nach diesem herausfordernden Corona-Jahr. Und so wird von Susanne Dohm-Sauter künstlerisch die physikalische Bedeutung ad absurdum geführt: je länger man das Werk betrachtet, desto mehr nimmt der anfängliche Wert zu.
Barbara Krämer, M.A.
K.N. Holder, "Zeitspuren", 2019

Birgit Krins-Gudat, "Zeit und Augenblick", 2018

Bei unserer diesjährigen Editionskünstlerin handelt es sich um eine Frau mit vielen Talenten: ursprünglich ausgebildet als Textilingenieurin entwickelte Birgit Krins-Gudat erfolgreich Modedrucke und Strickentwürfe, bis sie nach zwanzig Jahren in der Modebranche eine neue Herausforderung suchte. Birgit Krins-Gudat sattelte auf Lehramt um, studierte dafür Kunst und Deutsch und unterrichtete beide Fächer mit großer Freude an Reutlinger Gymnasien. Und arbeitet heute als freie Künstlerin in einem großen Atelier in einer ehemaligen Fabrik in Reutlingen. Dort entwickelte sie auch die vorliegende Edition. Gedanklicher Ausgangspunkt war für sie die griechische Mythologie, die sich bildlich im Begriff des "Kairos", des günstigsten Zeitpunkts oder auch des Jetzt als dimensionsloser Punkt der Gegenwart präsentiert. Der Gegenspieler des "Kairos" ist "Chronos", im Bild sichtbar gemacht durch die dunklen, nach oben strebenden Linien. Die ruhigen, trotzdem ausdifferenzierten, roten Farbkreise stehen für die Momente der vergehenden Zeit. So wird dem Betrachter bildlich der Gegensatz zwischen der flüchtigen und messbaren, der quantitativen Zeit sowie der Fähigkeit, den Augenblick, das Jetzt, die qualitative Zeit zu genießen, vor Augen geführt. Birgit Krins-Gudat spürt in allen ihren Arbeiten dem Wesen des Menschen, seiner Rolle im kulturellen und sozialen Kontext nach und arbeitet in ihrem kreativen Gestalten diese Widersprüchlichkeiten heraus. Ihr bevorzugtes künstlerisches Ausdrucksmittel ist dabei die Linie, die ein sehr eigenständiges Leben auf und in den Krins-Gudat'schen Werken führt. Die Künstlerin selbst drückt es so aus: "Stets auf der Suche nach dem Kern der Sache drückt die Linie für mich Suche und Weg aus".
Barbara Krämer, M.A.
Elisabeth Wacker, "Zeit im Raum", 2017

Doreen Wolf, "Im Lauf der Zeit", 2013

Eine bildhauerische Arbeit der Dresdner Künstlerin Doreen Wolff, die seit 2004 als freischaffende Künstlerin tätig ist, stellt unsere diesjährige Edition dar. Betitelt mit "Im Lauf der Zeit" steht das 2013 entstandene Kunstwerk als Synonym für das Leben, das nie geradlinig verläuft, aber immer einen Anfang und ein Ende hat. Jede Windung kann in diesem Sinne als ein erlebter Lebensabschnitt begriffen werden. In künstlerischer Perfektion schließt sich so dieser symbolische Lebenskreis zu einem vollkommenen Ganzen. Die 1976 in Naumburg/Saale geborene Künstlerin, die heute im höchst sehenswerten, vom bekannten Dresdner Architekten Martin Pietzsch (1866-1961) erbauten Künstlerhaus in Dresden-Loschwitz lebt, hat das Bronzegießen in Thailand erlernt, wohin sie seit 2006 zu regelmäßigen längeren Arbeitsaufenthalten reist. Die von uns ausgewählte Plastik ist im aufwändigen Wachsausschmelzverfahren mit einer Auflage von echtem Blattgold dort entstanden, das verwendete Material ist Messingbronze.
Barbara Krämer, M.A.
Yvonne Kendall, "Timelines Nr. 1", 2015

Eine Britin, die nach Australien ausgewandert ist und seit 15 Jahren in Deutschland lebt und arbeitet: das ist die Künstlerin unserer diesjährigen Edition. Die 1965 geborene Yvonne Kendall hat am Victoria College in Melbourne Kunst studiert, arbeitet seit 1987 als freie Bildhauerin und ist mit ihren Werken seither auf zahlreichen Einzelausstellungen sowie Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland vertreten. Kendalls künstlerischer Ansatzpunkt ist es, Materialien, die in der Kunst üblicherweise eher selten verwendet werden, in einen neuen, unkonventionellen Kontext zu setzen: Stoff, überhaupt Textilien, Bücher, Papier oder auch zufällig gefundene und für kunstwürdig erachtete Objekte werden von ihr geschnitten, geklebt, durchbohrt, auseinandergenommen und neu kombiniert. Es entstehen Werke, die häufig Bekanntes aus unserer alltäglichen Dingwelt zeigen und doch unser Sehen in einen Grenzbereich von Wissenschaft, Gesellschaft, Kultur und Kunst transformiert. Assoziationsketten bilden sich, Seh-Überraschungen tauchen auf, wenn ein Alltagsgegenstand unter einer zweiten oder dritten Schicht verborgen wieder- oder neu vom Betrachter erkannt wird. Die Objektkünstlerin beschäftigt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum mit einem Werkzyklus, wie auch bei unserer Edition, einer Collage aus verschiedenen Materialien, die am Beginn eines Arbeitsprozesses mit dem großen Thema Zeit und Raum steht. Ein geografisch bestimmbarer Teil einer Landschaft steht als herausgerissene Seite einer alten Landkarte im Mittelpunkt des Werks, kombiniert mit verschiedenen Gebrauchsgegenständen – ein Zeichen von Kendalls Beschäftigung mit unserer Firmenhistorie und der Tatsache, dass Reutlingen Ort der Firmenzentrale ist. Unsere 'Hausfarbe' Rot als energiegeladene Farbe, abgespult von einer Fadenrolle, prägt dominant die Arbeit. Gleichzeitig eine feine Reminiszenz an den roten Faden, der uns ja in unserem Briefpapier im Herbst 2015 abhandengekommen ist. Kendall schafft mit ihrer subtilen Vorgehensweise so Berührungspunkte zwischen Orten, in den Menschen leben und Sachen, die von Menschenhand gemacht sind; denn es sind die Beziehungen mit und zu Menschen, die das Leben lebenswert machen. Wie beruhigend daher zu sehen, dass der rote Faden an eine Spirale andockt, ein in der Kunst gern verwendetes Symbol für die Unendlichkeit.
Barbara Krämer, M.A.
Tanja Niederfeld, "albzeit", 2015

Eine reduzierte Anmutung von Landschaft – die 1964 geborene und heute in Reutlingen lebende Künstlerin Tanja Niederfeld nimmt uns mit der aktuellen Edition mit auf einen Spaziergang über die Schwäbische Alb. Die künstlerischen Schwerpunkte in ihrem Schaffen sind aktuell Holzschnitt und Malerei, immer wieder – je nach Schaffensphase – unterschiedlich gewichtet. Betitelt ist der im Jahr 2014 entstandene und in leicht pastelligen Tönen gehaltene Holzschnitt "albzeit". Tanja Niederfeld, die ausgebildete Stahlgraveurin, die heute als Dozentin für großformatiges Malen und als freischaffende Künstlerin arbeitet, lotet hier mit viel Feingefühl die Divergenz zwischen der Kargheit der Schwäbischen Alb und einer delikaten, weichen Farbigkeit der rauen Landschaft aus. Ein fein gezogenes Liniengefüge strukturiert das Bild, Wege und einzelne Hügelketten sind zu erkennen, manchmal nur zu erahnen, ohne sie geografisch genau bestimmen zu können, und geben dem Gesehenen Halt. Niederfeld gestaltet hier mit künstlerisch-graphischen Mitteln einen Seheindruck, den sie nach intensivem Schauen und Erkunden vor Ort gewonnen hat. Sie arbeitet dabei in Serien, um dem Charakter dieser speziellen Landschaft gerecht zu werden und genau das künstlerische Ergebnis zu erhalten, das sie vor ihrem inneren Auge sieht; dies erreicht sie unter anderem auch dadurch, dass sie von Hand abdruckt und dadurch jeder Druck ein unverwechselbares Unikat ist. In unterschiedlichen Farbstellungen, die zu völlig andersartigen Bildgestaltungen führen, kann sie dabei den Farbauftrag von gleichmäßig glatt bis fast reliefartig variieren. In diesem Landschaftsgeflecht finden eigene Gedanken Platz und gleichzeitig bietet Niederfeld mit ihrem Werk so die Möglichkeit, die Grenzen des Bildgefüges zu verlassen und sich dadurch in eine freie Weite zu begeben.
Barbara Krämer, M.A.
Ingrid Swoboda, "zeit für zeit", 2012

Petra Blum-Jelinek, "Zeit, sowohl als auch", 2011

Barbara Krämer, M.A.
Friederike Sofie Hoellerer "Zeitimpressionen, Rot" 2011

Susanne Immer, "25 – Rot", 2010

Anne-Christine Klarmann, "im jetzt", 2009

Anne-Christine Klarmann ist die Künstlerin unserer diesjährigen Edition, die den Titel „im jetzt“ trägt und 2009 entstanden ist. Die in Reutlingen-Altenburg lebende Künstlerin kann auf viele Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland zurückblicken. Sie arbeitet seit 2006 in ihrem Atelier in Tübingen. Das Auffallendste an ihrer Kunst ist ihre ganz eigene Farbprägung, die ihre Kunst unverwechselbar und authentisch macht. Anne-Christine Klarmann schafft es in ihren Arbeiten, feine und feinste Farbteppiche zu weben, die sich oft nur bei genauer Betrachtung erschließen. Dabei weiß sie genau um die unterschiedlichen Möglichkeiten von Farbe, ihre Werke leben von ihrer materiellen Beschaffenheit und der vielschichtigen Textur ihrer Bildoberflächen. Grau wirkt als pastose Ölfarbe, als Lasur oder Bleistiftzeichnung völlig unterschiedlich – Klarmann lotet diese Variabilität exakt aus. Die Zeichnerin Klarmann ist eine Meisterin der Mal-Untergründe, die alles sein können: Spiel- und Bewegungsräume für Licht, Reflexe, Transparenzen, Energie und Dynamik – auf dieser Ebene werden sehr eigene und verschiedene Fundamente gestaltet, die dem darüber gelegten Bild die eigentliche Struktur verleihen und auch den Reiz. Anne-Christine Klarmann schöpft dabei aus einem gewissen Formenrepertoire wie Behausungen: Haben Sie das kleine rote Haus neben dem Iglu auf unserer Edition bemerkt? Schnüre, Türme oder Monde als Grundformen, die immer wieder neu erfunden und interpretiert werden. Sie erschafft mit ihren Arbeiten fein strukturierte Bilder-Landschaften, die häufig ein atmosphärischer Dunstschleier umweht. Und vergisst dabei doch nie ihre künstlerische Prämisse: Reduzierung auf das Wesentliche, Kraft der Schlichtheit und des Moments sowie der Intuition und Konzentration.
Jacqueline Wanner, "Zeitlebens . Lebenszeit", 2007

Die 1961 in Zürich geborene und heute in Reutlingen lebende Künstlerin Jacqueline Wanner ist die Urheberin unserer elften tisoware.EDITION. Ihr Thema sind die vielfältigen Verflechtungen der individuellen Lebenswege und –strukturen, denen sie in ihren Werken Gestalt gibt. Sehr häufig kombiniert sie dazu in ihren Arbeiten haptische, sinnliche Materialien mit Farbbelägen in Malerei und Objekten. Diese Vorgehensweise zeigt sich auch sinnbildhaft an der neuen Edition mit dem Titel „Zeitlebens . Lebenszeit“. Wanner gestaltet eine reduzierte Farbfläche, auf der sie rot-weiß karierte Stoffkreise sowie weiß und schwarzweiß gefüllte Rechtecke verteilt. Die Beziehung zwischen diesen Flächen stellt ein Gummifaden her, der sich von links unten in die obere Mitte bewegt, am oberen Bildrand verschwindet und durch Kohle- sowie Pinselstriche gespiegelt wird. Auffallend ist, dass der Gummifaden je nach Lichteinfall einen Schatten wirft und dadurch eine zweite imaginäre Linie bildet. So gesehen bietet sich eine Interpretation des schwarzen Fadens als Metapher für einen Ausschnitt aus unserer menschlichen Lebenszeit an: Ein klar definierter Beginn mit der Geburt und ein Ende im Ungewissen; ein Blick auf die Jetztzeit. Die Kreisformen stehen dabei symbolhaft für das Kreisen der Zeit, die vielen noch vorhandenen Stunden werden von Wanner durch rote Fäden symbolisiert. Nicht zufällig wurde dazu von Jacqueline Wanner das Material Gummi ausgewählt: so wie Gummi als Elastomer der physikalischen Dehnbarkeit unterliegt, so richtet sich auch unser emotionales Empfinden von Zeit nach einer inneren Dehnbarkeit. Zeiten des ruhigen Verlaufs wechseln ab mit schneller rotierenden Abschnitten – im Bild sichtbar gemacht durch die kleinen Kreise und die rotierenden Graphitspuren. Gesucht wird immer der eine Ursprung des Weges: Das Leben selbst.
Barbara Krämer, M.A.
Renate Gaisser, "Echt-Zeit", 2006

Bereits schon zum zehnten Mal dürfen wir Ihnen mit der nun vorliegenden Edition ein ganz spezielles tisoware.Kunstwerk präsentieren. Wir haben dieses Jahr ein Werk der 1961 in Reutlingen-Sondelfingen geborenen Künstlerin Renate Gaisser ausgesucht, die sich nach einem Architekturstudium und einer Tätigkeit als selbstständige Architektin nun in der Hauptsache der Malerei widmet. Renate Gaisser ist u.a. Mitglied der Künstlerinnengemeinschaft GEDOK und häufig in Einzel- und Gruppenausstellungen im süddeutschen Raum sowie in Österreich vertreten. Das große Thema Gaissers sind Umbrüche, nicht nur in menschlichen Beziehungen, sondern gerade auch in der Natur. So können ihre zahlreichen Landschaftsdarstellungen wie auch die vorliegende Edition „Echt-Zeit, gesplittert“ als intensive Versuche gedeutet werden, Grenzen auszuloten und Brüche sichtbar zu machen. Ihre Bilder sind Portraits, angesiedelt im spannungsreichen Gebiet zwischen Realität und Abstraktion. Renate Gaisser wechselt dabei souverän zwischen weich geprägter Linienführung oder auch farblich hart gegenüber gesetzten Kontrasten. Die sich daraus ergebende Spannung im Bild wird fast greifbar und eröffnet einen Blick auf das „hinter“ der Leinwand Sichtbare. Indem Renate Gaisser die Fragmente einer Landschaft wie zerbrochene Glassplitter einfriert und sie im künstlerischen Entstehungsprozess neu zusammensetzt, stellt sie die herkömmliche Sehweise als zeitliche Komponente in Frage und schafft damit eine neue und gültige Darstellung von „Echt-Zeit“.
Barbara Krämer, M.A.
tisoware. VERTRIEB, "Zeit im Quadrat", 2006

Gudrun Messerschmid, "Fluidphysik", 2008

Doris Knapp, "Zeit, fließend", 2004

Die großzügige Ausstellungssituation in den Räumen des Carl-Schirm-Gewerbeparks in Kirchentellinsfurt wurde anlässlich unseres 11. Sommertreffens am 22. Juli 2004 von der Reutlinger Künstlerin Doris Knapp bespielt. Gezeigt wurden Werke, die ganz aktuell in den Jahren 2001-2004 entstanden sind; Bilder einer Künstlerin, die nicht müde wird, etwas Neues – seien es nun innovative Techniken oder neuartige Bildideen – auszuprobieren. Schon ihr Lebenslauf impliziert dies: 1923 in Ostpreußen geboren, den Vater früh im Krieg verloren, mit der Mutter nach Berlin geflohen, nimmt sie dort bereits ein Jahr nach Kriegsende das Studium der Zahnmedizin auf, das sie mit Promotion und Approbation abschließt. Sie arbeitet als Zahnärztin in Berlin, bis sie den Reutlinger Zahnarzt Dr. Karl Knapp kennen lernt und ihm nach Reutlingen folgt, wo sie gemeinsam praktizieren. Das Paar bekommt zwei Söhne, verständlich, dass da der Urwunsch aus Kindertagen, nämlich Malerin zu werden, vorläufig hintanstehen muss. Erst ab 1971 beginnt sie, sich frei zu schwimmen und nimmt Kurse und Unterricht bei verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten und in unterschiedlichen Techniken. Noch heute zeigt sich dies in ihrer künstlerischen Bandbreite zwischen Aquarell, Radierung, Ätzung oder auch Collage. Doris Knapp arbeitet bevorzugt in Serien, um eine Bildidee von allen Seiten her intensiv auszuloten. Die Künstlerin schafft keine Abbilder von Wirklichkeit, sie ergründet Zustände: Realität ist für sie ein Stichwortgeber, eine Quelle der Inspiration.
Sehr gut nachzuvollziehen ist dies am Knappschen Werk, das für die diesjährige tisoware.EDITION ausgewählt wurde. „Zeit, fließend“ ist das 2004 entstandene Aquarell betitelt. Gelb-grün geschichtete Farbstrukturen konkretisieren das Kontinuum von Zeit, untermalt von einem zarten Grau-Blau und akzentuiert durch rote offene Dreiecksfiguren, die einseitig mit einem Farbpunkt hervorgehoben werden. Im unteren mittleren Zentrum des Bildes befindet sich eine dominante lasierend-grüne Fläche, die sich in drei Strahlen nach oben öffnet. Über das Bild verteilt finden sich staccatoartige, streifenförmige Verletzungen des Papiers – bewusste Einschnitte in den Prozess Zeit, der immerwährend stattfindet und doch nicht unserer Kontrolle unterliegt? Der Bildtitel drückt es aus: „Zeit, fließend“.
Barbara Krämer, M.A.
Jasmin Ludwig, "Kunst braucht Zeit", 2003

"Kunst braucht Zeit". Schöpferin dieses Spruches und des darauf aufbauenden Kunstwerkes ist die 16-jährige Jasmin Ludwig, die in den Mariaberger Heimen in Gammertingen bei Reutlingen lebt. 2003 war das "Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen" und dies war der Anlass für tisoware, in Mariaberg nachzufragen, das für seine intensive künstlerische Förderung unter dem Atelierleiter, dem Künstler Gert Koch, bekannt ist. Das Ergebnis dieser Nachfrage sahen die Gäste unseres tisoware.SOMMERTREFFENS im Juli in Kirchentellinsfurt. In der großartigen. Atmosphäre des Gewerbeparks Carl Schirm gestalteten vier junge, künstlerisch aktive Mariaberg-Bewohner eine beeindruckende Ausstellung mit ihren aktuellen Werken, in denen sie sich explizit mit dem Thema "Zeit" auseinander gesetzt hatten. Jasmin wählte als künstlerischen Leitgedanken den Vogel: Ein Tier, das wegfliegen oder auch einmal den Kopf in den Sand stecken kann. Ein Tier, das mit seinem Gezwitscher auf sich aufmerksam machen und doch lautlos durch die Lüfte schweben kann. Und ein Tier, das Zeit hat, denn "Kunst braucht Zeit". In kräftigen, unmittelbaren Farben gestaltet sie ein Bildgerüst, das durch eine deutliche Mittelachse sowie eine Horizontallinie – gebildet durch die ausgebreiteten Schwingen des Jasmin’ schen Kunstvogels - Struktur bekommt. Der Aufforderungscharakter dieses Bildes ist nicht zu übersehen.
So war es nicht überraschend, dass unsere Sommertreffen-Gäste übereinstimmend dieses Werk zu unserer diesjährigen Edition bestimmt haben. Lassen Sie sich daher von den positiven Gedankenflügen anstecken: Kunst braucht Zeit – Zeit braucht Kunst – braucht Zeit Kunst? – ZeitKunst – KunstZeit – Kunst ...
Hannelore Krämer "Zeit-Tropfen", 2001

Mit dem Weihnachtsbrief 2002 erscheint unsere fünfte tisoware.EDITION; bereits ein kleines Jubiläum. Die 1926 in Bad Urach geborene und seit langen Jahren in Reutlingen lebende Künstlerin Hannelore Krämer ist die Schöpferin unserer diesjährigen Edition. Besuchern unseres Sommertreffens im Jahr 2001 werden ihre farbenfrohen, vor Temperament sprühenden Aquarelle, häufig Blumenbildnisse und Landschaften noch gut in Erinnerung sein. Der Titel ihres speziell für die Edition ausgewählten Werkes lautet "Zeit-Tropfen" (2001). Damit kommt in perfekter Weise zum Ausdruck, womit wir uns Tag für Tag beschäftigen: mit der Zeit, die uns – scheinbar oder wirklich – meistens viel zu schnell durch die Finger rinnt. Die Aquarellistin Hannelore Krämer, seit vielen Jahren durch häufige Ausstellungen in Reutlingen und der weiteren Umgebung bestens bekannt, symbolisiert das Thema Zeit anhand einer stark abstrahierenden Landschaft, in der dennoch Assoziationen an Schneeverwehungen auf der Schwäbischen Alb, an Kälte, an ein gewisses Erstarren der Natur zu erkennen sind. Auch die sanft reduzierte Farbigkeit, das Fragmentarische weist in diese Richtung. Wie ein erstarrter Wasserfall tropft die Zeit vor sich hin. Hannelore Krämer versteht es, aus einzelnen miteinander verbundenen, in einander hineinfließenden Farbflächen einen poetischen Raum zu schaffen, in dem für Nachdenkliches, für Träumereien, für Persönliches Platz ist. Nehmen Sie sich die Zeit, sich in diesem "Raum" wohlzufühlen und die "Zeit" zu vergessen ...
Barbara Krämer, M.A.
Gabriele Seeger, "Zeitplan", 2000

Hier ist sie nun: unsere vierte Edition! Sie wurde dieses Jahr von der Reutlinger Künstlerin Gabriele Seeger gestaltet, die ihre Ausbildung zur Keramikerin in München erhielt und seit vielen Jahren freischaffend in Reutlingen tätig ist. Ausserdem war sie zusammen mit der Tübingerin Uta Albeck (siehe Edition Nr. 3) künstlerischer Gast unseres Sommertreffens im Jahr 2000.
Gabriele Seeger hat in ihrer künstlerischen Tätigkeit, die für sie unabdingbar zu ihrem Leben gehört, einen eigenen "abstrakten Realismus" entwickelt, der besonders schön bei ihren häufig gestalteten Tierformen zum Ausdruck kommt.
Dabei verfremdet sie das Vertraute, bietet aber immer genügend Sehhilfen, so dass visuelle Erinnerungsbrücken geschlagen werden können. Ihre Arbeiten atmen einen großen haptischen Reiz und gleichzeitig spielt sie mit der Mischung verschiedener Materialien. So verleiht sie beispielsweise mit der Verwendung von Federn ihren Arbeiten oft eine große Leichtigkeit trotz materieller Gewichtigkeit.
Für die tisoware. EDITION hat sich Gabriele Seeger für ihre spezielle keramiktechnische Spezialität, die Gitterstruktur, entschieden. In diesem "Zeitplan" hat sie alle Wichtigkeiten des täglichen Lebens untergebracht und gleichzeitig die Routine des Alltags mit einem Lächeln karikiert. Und dennoch gilt: die Gitterform gibt unserem Leben Struktur und lässt genügend Raum für eigene Freiheiten.
Barbara Krämer, M.A.
Uta Albeck, "Zeitablauf", 2000

Unsere diesjährige tisoware.EDITION ist von der Tübinger Künstlerin Uta Albeck gestaltet worden, die mit ihren Bildern auch schon Gast des Sommertreffens 2000 war. Uta Albeck wurde 1938 in München geboren, studierte später Malerei an der Kunstakademie München und nahm nach einer Kinderpause in den Siebziger Jahren ihre künstlerische Tätigkeit wieder verstärkt auf. Heute beschäftigt sie sich hauptsächlich mit dem Aquarell, wobei sie eine mehrfach überarbeitete Naß-in-Naß-Technik entwickelt hat, die ihren Bildern diese enorme Leuchtkraft und Tiefe verleiht.
Ihr Themenkreis ist speziell die Landschaft als ungegenständlicher Ausdruck, aus der sie u.a. Darstellungen von "Schöpfungsprozessen" herausarbeitet.
Uta Albeck ließ sich von tisoware dazu anregen, sich intensiv mit dem Thema "Zeit" auseinanderzusetzen, als eines der Ergebnisse präsentiert sie uns ihr Werk "Zeitablauf". Im Mittelpunkt des in einem warmen Rot-Orange gehaltenen Bildes steht eine segmentierte Kreisform, die sowohl die Tages- als auch die Jahresordnung symbolisiert und die ihre Spannung durch ein grünes sowie ein gelbes Quadrat und ein nach unten verschwimmendes helles Rechteck erhält. Um dieses Zentrum herum ist aus zarten schwarzen Strichen ein Gerüst schraffiert — Ordnungselemente, die unserem Leben Halt geben?
Wenn Sie neugierig geworden sind, mehr über die Künstlerin Uta Albeck zu erfahren, wenden Sie sich bitte an uns. Ansonsten gilt: nächstes Jahr geht es weiter mit der tisoware.EDITION Nr. 4...
Barbara Krämer, M.A.
Susanne Immer, "Im Zeitschatten", 1999

Mit der Farbe geht sie sparsam um, bewusste Gegensätze ergeben sich aus unterschiedlichem Farbauftrag und durch diese Beschränkung erzielt Susanne Immer – wie in der Edition – mit einem einzelnen Rot höchste Wirkung. Die Kreisform steht dabei im Gegensatz zu den an den Seiten ausgefransten roten Flächen, die durch die schwarzen Farbflecken etwas Geheimnisvolles bekommen. Das Leben dreht sich im Kreis, wiederholt sich in Variationen, klärt sich aber von ungeordnetem Zahlenchaos zu immer logischeren Verbindungen. Mit tisoware stehen Sie eben nicht ? Im Zeitschatten?
Ulrike Franz, "Zeitblumen", 1998


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